Europa

Die Wanderdünen von Leba

Mit dem Wohnmobil zu den Nationalparks an der polnischen Ostseeküste

Die viertgrößte Wanderdüne Europas liegt in Pommern

Als wir 2018 zum ersten Mal länger in Polen waren, in Masuren, haben wir das Land außerordentlich gastfreundlich erlebt, aber einfach, teils improvisiert, Landstraßen im Stau, und Baustellen überall – nicht immer so, wie man sich seine Urlaubsumgebung wünscht.

Polen ist jetzt ein anderes Land. Um es vorweg zu sagen: Es ist ein Naturparadies, und die pommersche Ostseeküste ein Urlaubsgebiet, das gut besucht, aber noch nicht überlaufen ist, mit allen erdenklichen Übernachtungs- und Freizeitangeboten. Hier trifft man auf geschützte und doch gut erschlossene Natur, auf Kunst und Geschichte, architektonische Schmuckstücke, sanierte und gepflegte Innenstädte, ansprechende Restaurants mit leckerem Essen. Und alles ist sauber. Gute Straßen, kein Müll, keine Schmutzecken. Ich war gespannt auf Polen, doch eine solch rasante Entwicklung hätte ich nicht erwartet.

Wir fahren über die Ostsee-Autobahn, die A20, Richtung Swinemünde – und wir fahren durch. Ganz ehrlich? Das Preis-Service Verhältnis in Mecklenburg-Vorpommern empfinde ich als Zumutung. Die etwas längere Autofahrt lohnt sich in jeder Hinsicht, denn abends sind wir am Nationalpark auf der Insel Wolin an der polnischen Ostseeküste und nisten uns auf einem Bauernhof ein. Pod Swierkami AGROTURYSTYKA bei Kolczewo. Man steht hier auf Gras unterm Sternenhimmel, ebene, großzügige Stellplätze, mit Grill, Duschen und Toiletten, V&E, gesichert durch Umzäunung und Tor. Berechnet werden 30 PLN pro Nase, polnische Zloty. Das sind, Umrechnungsgebühren inbegriffen, etwa 7 Euro. Nur die Personen zählen, alles andere ist frei. Ein Restaurant unter Reetdach gibt es auch. Ein Platz zum Wohlfühlen.

Campen am Rande des Nationalparks

Am Morgen schlafen wir uns erstmal aus, und nach dem Frühstück erkunden wir den Nationalpark Wolin. Es ist ein kleinerer Nationalpark, 109 qkm, direkt am Meer, mit Wald und Binnenseen, vor allem aber mit Sandstrand und einem 15 km langen Kliff.

Wir fangen im Süden bei Misdroy an und arbeiten uns dann weiter vor. Die Woiwodschaftsstraße 102 führt in Küstennähe nach Nordosten. Es gibt Parkplätze, von wo man zu Fuß oder mit dem Fahrrad dann weiterkommt. Gegen Abend fahren wird ans Nordende der Insel und übernachten auf einem Wanderparkplatz an der Grenze zum Nationalpark,

Strandzugang durch die mit Bäumen bewachsene Düne im Nationalpark Wolin an der polnischen Ostseeküste.

nur 100 m vom Meer. Der Platz ist gut besucht, sogar zwei Dickschiffe haben sich eingefunden. Man steht in Hörweite der Straße und kann natürlich auch nicht campen, aber Übernachten wird geduldet. Direkt hinter unserem Mobil schlagen zwei Jungs ihr Zelt auf, sorgsam bemüht, uns nicht zu belästigen.

Offiziell darf man in Polen nicht wild campen, aber die Polizei lässt uns machen. Überhaupt gibt es wenig Verbotsschilder. Im Nationalpark ist übernachten auch ohne Beschilderung verboten, das ist überall so. Aber außerhalb, solange man keinen stört und von privatem Grund oder Ackerland runter bleibt, wird das Stehen über Nacht toleriert. Das haben wir auch später mehrfach erfahren. Man denkt, die Freizügigkeit wäre in Deutschland erfunden worden. Bitte, so kann man sich irren.

Sandstrand und Badegäste an der Küste im Nationalpark Wolin an der Ostsee

Entlang der Ostsee sehen wir Dörfer und kleinere Städte, gepflegt und mit vielen Neubauten, in denen Urlaubsaktivitäten aller Art angeboten werden, Strandleben, Surfschulen, Radverleih, Ausflugsschiffe und natürlich Kanus und Boote. Es gibt Restaurants in Strandnähe mit einer tollen Speisekarte und mit zivilen Preisen.

Sandstrände an der pommerschen Ostseeküste

Unser Hauptziel, den Slowinzischen Nationalpark, UNESCO Biosphärenreservat, mit der größten Wanderdüne an der pommerschen Ostseeküste, mit Küstenseen und Wäldern, erreichen wir gegen Mittag. Am Westeingang bei Ustka, zu Deutsch Stolpmünde, zahlt man 9 Zloty für den ganzen Tag und kann dann zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf dem Fernwanderweg durch den Wald so weit laufen oder fahren, wie die Ausdauer reicht. Nach 35 km würde man an der großen Düne sein. Wir sind für heute mit der breitstrandigen Sandküste in Ortsnähe zufrieden und übernachten am Campingplatz Krystyna, nur etwa 300 m vom Park. Der Platz ist etwas urtümlich, aber der Empfang ist freundlich, es gibt Schatten, und hauptsächlich polnische und deutsche Gäste, die sich, wie wir auch, insgesamt wohlfühlen.

Um die Dünen zu besuchen, fahren wir am nächsten Tag nach Leba. Die Stadt, ein Badeort an der Ostseite des Slowinzischen Nationalparks, ist der Ausgangsort zu allen Exkursionen in die Dünen und vor allem zur Lontzkedüne. Mit 500 m Breite und 1.300 m Länge macht sie grade mal 13% der riesigen Dünenlandschaft aus, aber sie macht von sich Reden. Die naturbelassene Wanderdüne hat die Form einer Sichel und verschiebt sich, dem Westwind folgend, jedes Jahr 12 m nach Osten. Dabei begräbt sie Wald und Moor unter sich, und auch die Ortschaft Laczka liegt schon darunter.


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Wir buchen uns auf dem Campingplatz Rafael ein, auf der Westseite der Leba gleich hinter der Brücke, der mit einem riesigen kurz geschnittenen Rasen lockt. Den Stellplatz darf man sich aussuchen, bezahlt wird bei Abreise.

Dünenbesteigung

Dann fahren wir mit dem Rad die 8 km vom Platz bis zum Fuß der Düne, zahlen unterwegs wieder die 9 Zloty für den Eintritt in den Nationalpark, und klettern dann langsam hoch. 42 m ist der Kamm der Düne über dem Meer. Nirgendwo an der polnischen Ostseeküste soll der Sand feiner sein als in Leba, und da ist der Aufstieg recht anstrengend. Aber fürs Auge und für die Fotos müssen eben auch erhöhte Stellen ausprobiert werden. Und die Weite,

Fußspuren um die Lontzkedüne an der pommerschen Ostseeküste

die sich dann ausbreitet, mit nur wenigen Büscheln Salzgras, ist wie eine Wüstenlandschaft. Man nennt sie tatsächlich die polnische Sahara. Auch einen breiten Durchgang zum Meer gibt es, der von fast allen Besuchern benutzt wird. Die Fußspuren sind Zeuge.

Ein herzhaftes Abendessen und einen Tag später fahren wir weiter Richtung Danzig. Die Stadt ist großartig, der Hafen am Fluss ist vor allem in den Abendstunden voller Atmosphäre und immer sehens- und begehenswert. Wir werden noch darüber berichten.

Die besten Spots an der polnischen Ostseeküste

Insel Wolin

Misdroy

liegt am Westende des Nationalparks Wolin und ist nach Swinemünde die erste Stadt an der Ostsee. Zugang zum Strand und zum Nationalpark. Hier beginnt die Küstenstraße 102, die zwar selten in Sichtweite des Meeres verläuft, von der man aber alle Küstenabschnitte mit dem Rad oder zu Fuß erreichen kann.

Wiselka

Die Ortschaft liegt 1 km im Landesinnern an einem der zahlreichen Binnenseen. Fünf weitere Seen sind fußläufig erreichbar. Waldwege führen auch ans Meer und zum Leuchtturm Latarnia Morska Kikut, den man allerdings nicht besteigen kann.

Etwa 1,5 km östlich an der 102 gibt es einen Parkplatz an einem weiteren See, dem Jezioro Zatorek, wo man auch übernachten könnte.

Swietousc

Gut ausgebaute Strandzugänge in der Nähe von Parkmöglichkeiten und Restaurants.

Slowinzischer Nationalpark

Rowy

Die kleine Stadt liegt am westlichen Ende des Slowinzischen Nationalparks zwischen dem Meer und dem Gardno See. Entspanntes Dasein, lässt sich die Atmosphäre beschreiben. Zugang zum Strand und zum Nationalpark, Restaurants und günstige Übernachtungsmöglichkeiten.

Leba

Hauptort des Nationalparks und Zugang zu der berühmten Dünenlandschaft mit der Lontzkedüne, der grossen Wanderdüne, sogar mit Shuttle. Der Ort ist sehr touristisch, mit Strandleben, vielen Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten. Fahrrad- und Pedelec-Verleih.

Rundreise durchs Baltikum

Die Parmidis Wanderdüne im Nationalpark Kurische Nehrung

Mit dem Wohnmobil nach Litauen zur Parnidis Düne auf die Kurische Nehrung. Die zweitgrößte Wanderdüne Europas gehört zum UNESCO-Welterbe. Hier geht’s lang.

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