Fotowissen

Panoramafreiheit

Was darf ich fotografieren?

Die Panoramafreiheit erlaubt das Fotografieren im öffentlichen Raum…

…auch dann, wenn urheberrechtlich geschützte Werke ins Bild kommen.

Es ist nicht immer klar, ob ein Denkmal, ein aussergewöhnliches Hochhaus oder ein Wandgemälde urheberrechtlich geschützt ist. In diesem Fall hätte der Künstler, der das Werk geschaffen hat, die Rechte an der Nutzung der Abbildungen seines Werkes, also auch der Fotos. Die Verbreitung der Aufnahmen, die Veröffentlichung im Internet oder das Posten in sozialen Netzwerken, sind dann nicht erlaubt. Damit man die eigenen Fotos also nutzen kann und nicht womöglich in die Abmahnfalle tappt, hat der Gesetzgeber die Panoramafreiheit erschaffen.

Eigentlich ist es ganz einfach:

Du darfst fotografieren, was du siehst, wenn du dich mit beiden Beinen auf öffentlichem Grund befindest und beim Fotografieren keine Hilfsmittel verwendest.

Das nennt man „Panoramafreiheit“. Die Grundlage dazu gibt eine Einschränkung des Urheberrechts.

§ 59 UrhRG – Werke an öffentlichen Plätzen

(1) Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Grafik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.
(2) Die Vervielfältigungen dürfen nicht an einem Bauwerk vorgenommen werden.

Das heisst für den Fotografen

Architekten, Bildhauer, Steinmetze und andere Künstler müssen bei der fotografischen Wiedergabe ihrer Baukunst, Skulpturen, Reliefs und anderen Kunstwerke nicht um Erlaubnis gefragt werden, sofern es sich um bleibend aufgestellte Werke handelt. Bei Bauwerken erstreckt sich diese Erlaubnis nur auf die Aussenansicht.

Da diese Freigabe nur bei Aufnahmen von öffentlichem Grund und Boden aus gilt, ist die eigene Wachsamkeit gefordert, wenn die Eigentumsverhältnisse des eigenen Standortes nicht ganz klar sind. Dies ist die wohl übelste Falle, in die man als Fotograf treten kann. Der Aussenbereich eines Restaurants oder der Innenhof eines Schlosses sind kein öffentlicher Grund. Die Freigabe von öffentlichem Grund aus ist also nicht zu verwechseln mit „im Freien“.

Es gibt folgendes zu beachten:

  • Das Urheberrecht erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Künstlers. Geschützt sind also nicht nur die Werke zeitgenössischer Künstler, sondern auch ältere.
  • Das Fotografieren von Privatgrundstücken aus ist nicht freigebeben. Fotos, die von privaten Aussichtspunkten (Balkone, Hotelfenster…) oder auch in Parks von Schlössern gemacht wurden, fallen nicht unter die Panoramafreiheit.
  • Es ist nicht immer ganz eindeutig, wann es sich um öffentlichen Grund und Boden handelt. Selbst scheinbar öffentliche Wege können Privatbesitz sein (z. B. Zuwegungen zu Schlössern, Museen usw.)
  • Das Abbilden „Flüchtiger Kunstwerke“, also z.B. zeitlich begrenzte Installationen, ist nicht von der Panoramafreiheit gedeckt. 
  • Für das Innere von Gebäuden wird grundsätzlich eine Fotoerlaubnis benötigt. Es steht dem Eigentümer frei, ob und mit welchen Einschränkungen er das Fotografieren erlaubt. Das gilt auch für öffentliche Gebäude, Museen, Kirchen, Schlösser usw. Er kann also den Personen, die sein Grundstück betreten, das Fotografieren für private oder auch für kommerzielle Zwecke erlauben und vorschreiben, ob sie Stativ, Blitz oder andere Hilfsmittel einsetzen dürfen, und er kann für diese Erlaubnis ein Entgelt verlangen.
  • Im Ausland gelten oft andere Regeln. In manchen Ländern bezieht sich die Panoramafreiheit nur auf bestimmte Werke wie Kunst- oder Bauwerke. In Belgien gilt sie beispielsweise nicht für Baukunst. Die Verbreitung von Bildern des Atomiums ist demnach illegal. In Italien sind Aufnahmen vom Stativ kaum möglich. Mehr dazu findest du hier: Panoramafreiheit (Wikipedia).
  • Das Persönlichkeitsrecht abgebildeter Personen wiegt schwerer als die Panoramafreiheit. Personen dürfen nur mit ihrer Einwilligung fotografiert werden.
  • Die Datenschutzverordnung gilt auf jeden Fall. Daten, die einzelnen Personen zugeordnet werden können, dürfen nicht wiedergegeben werden. Dazu gehören nicht nur erkennbare Namen, sondern auch KFZ-Kennzeichen.
  • Luftaufnahmen fallen nicht unter die Panoramafreiheit. Für Drohnen gelten besondere Regelungen. Dazu mehr im Artikel Die neue EU-Drohnenverordnung.

Einige ganz besondere Beispiele

  • Der Eiffelturm, der seit 1985 bei Dunkelheit von der Lichtshow des Künstlers Pierre Bideau erleuchtet wird, darf nachts nicht fotografiert werden. Es sei denn, man hat zuvor die Erlaubnis der SETE (Société d’Exploitation de la tour Eiffel) eingeholt.
  • Wenn ein Künstler wie Christo den Reichstag oder andere Gebäude verhüllt – eine zeitlich begrenzte künstlerische Installation – hat er das Urheberrecht an dem Werk und damit auch das Recht, die Verbreitung von Fotos des Werkes zu kontrollieren.
  • Überraschend dagegen: Traumschiffe wie die „Aida“ dürfen fotografiert werden, auch wenn sie z. B. mit einem Kussmund künstlerisch bemalt sind. Nach einem Urteil des BGH im Jahr 2017 ist das Fotografieren des Schiffes von der Panoramafreiheit gedeckt.
  • Bei der Deutschen Bahn darf nur in öffentlich zugänglichen Bereichen fotografiert werden, ohne Hilfsmittel wie Kunstlicht, Stativ oder Drohnen, und nur zu privaten Zwecken. Die Veröffentlichung auf eigenen Webseiten ist nur mit Einschränkungen zulässig. Ein Blick auf die Einzelheiten lohnt sich: DB-Info
  • Schloss Sanssouci in Potsdam durfte keinesfalls vom Grundstück (Schlossgarten, Innenhof) aus fotografiert werden, auch wenn es Eigentum der Öffentlichkeit ist. Denn hier gilt nicht das Urheberrecht – die Architekten sind seit mehr als 70 Jahren tot – sondern das Hausrecht. Die Betreibergesellschaft, die „Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg“, ging bis vor den BGH und hat 2010 erreicht, dass ihr das alleinige Nutzungsrecht an den dort entstandenen Fotos zugesprochen wurde. Das Urteil ist umstritten, aber rechtskräftig. Lesenswert: Der Freelens-Artikel von Karl Johaentges Die Abmahner von Sanssouci

Genau diese Preussen-Stiftung hat im Juni 2021 ihre Fotorichtlinien gekippt. Es ist nun erlaubt, im Aussenbereich zu fotografiern, sofern man keine Hilfsmittel wie Leitern oder Kunstlicht oder Personal (Models, Assistenten) mitbringt und den pfleglichen und respektvollen Umgang mit den Kulturgütern beachtet. Entsprechendes gilt für Innenaufnahmen im Rahmen des regulären Besuchs (mit Eintrittskarte), wobei besonders gekennzeichnete Objekte und Bereiche ausgenommen sind. So entstandene Fotos dürfen ohne vorherige Zustimmung genutzt werden.

Es bleibt zu hoffen, dass andere staatliche Einrichtungen folgen. Bis es soweit ist sind öffentliche Burgen und Schlösser eine Gratwanderung für Fotografen. Einen detailreichen und anschaulichen Artikel zu diesem Thema von Rechtsanwalt Thomas Schwenke findest du hier: Was darf ich fotografieren?

Vorsicht bei der Bildbearbeitung

Bei allen Bau- und Kunstwerken gilt: Jede Verfremdung der Werke ist verboten. Das Kölner OLG hat 2012 im Rahmen des in Köln bekannten Schriftzugs „Liebe deine Stadt“ entschieden, dass die klassischen Methoden der Bildbgestaltung legitim sind, nämlich die Wahl des Bildausschnitts, Änderungen der Helligkeits-, Farb- und Kontrastwerte durch Einstellung der Brennweite und der Belichtungszeit sowie jede Art von Vergrösserung und Verkleinerung. Nicht erlaubt sind Farbfilter, nachträgliche Retuschen sowie die Anwendung moderner Verfahren der digitalen Bildbearbeitung.

Man könnte vereinfacht sagen: Allgemein übliche Gestaltungsmittel bei der Aufnahme sind erlaubt, die Bearbeitung nach der Aufnahme durch Software ist verboten.

Ob dieses Urteil zeitgemäss ist? Den Kölner Richtern ging es vor allem um eins: Fremde Kunstwerke sollen naturgetreu abgebildet werden. Mehr dazu schreiben die Anwälte der TCI-Kanzlei hier.

Private Nutzung oder kommerzielle?

Ob du mit der Veröffentlichung auf deiner Webseite, deines Blogs, deiner Social-Media Kanäle die Fotos nur privat oder kommerziell nutzt, kann wohl nur im Einzelfall entschieden werden. Ein Anhaltspunkt ist sicher, ob deine Seite Werbung enthält. Wer mit Inhalten, die durch Rechte geschützt sind, Geld verdienen will, sollte auf jeden Fall im Besitz einer schriftlichen Freigabe sein – es sei denn, es wird wie im Fall der Preussen-Stiftung, ausdrücklich darauf verzichtet. Das gilt für Eigentumsrechte und Hausrechte. Persönlichkeitsrechte und Urheberrechte müssen immer freigegeben sein.

So ist derzeit die Lage. Die Gesetze, die sich auf europäischer Ebene mit dem Fotografieren befassen, sind allerdings noch nicht so ausgereift wie einst die nationalen Gesetze. Man sollte wohl in naher Zukunft von einiger Bewegung in Rechtsfragen ausgehen.

Beim Besuch öffentlicher Einrichtungen bedeutet das ganz praktisch: Vor dem Fotografieren fragen ist gut, eine schriftliche Freigabe ist besser.

Sechs Punkte, die du dir merken solltest

  • Werke (auch Fotos) bekannter oder unbekannter Urheber sind urheberrechtlich geschützt. Du darfst sie nicht kopieren, abfotografieren oder scannen, um sie zu nutzen, auch wenn sie im Internet oder in Druckwerken verbreitet wurden. Ausnahme: Der Urheber ist vor mehr als 70 Jahren verstorben.
  • Die Panoramafreiheit setzt voraus, dass du dich vollständig auf öffentlichem Grund befindest und keine Hilfsmittel benutzt.
  • Persönlichkeitsrechte und Datenschutzrechte nicht verletzen. Personen dürfen nur mit ihrer Einwilligung erkennbar abgebildet werden, davon sieht das Persönlichkeitsrecht keine Ausnahmen vor.
  • Haus- und Eigentumsrechte beachten, auch bei Betreibergesellschaften
  • Natur und Umwelt verdienen unseren besonderen Schutz, in Schutzgebieten und ausserhalb.
  • Beim Fotografieren niemanden behindern, belästigen, gefährden oder schädigen. Und auch sich selbst nicht in Gefahr bringen.

Es gilt das aktuelle Recht

Ich habe für diese Hinweise sowohl Gesetzestexte als auch Kommentare benutzt und Beispiele angeführt. Sie sind weder vollständig, noch kann ich für den Bestand der Regelungen eine Haftung übernehmen. Es gelten die Gesetze und die jeweils aktuelle Rechtsprechung.

Die Gesetzestexte findest du hier

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