Spuren am Ätna – wer einmal hier war, kommt wieder
Auf die A7
Der Weg nach Sizilien fängt auf der A7 an. Die Autobahnen im Norden Deutschlands sind im Sommer kaum mehr befahrbar, und an Samstagen, wenn Bettenwechsel in Dänemark ist und die LKWs auch noch auf der Straße sind, geht rund um Hamburg gar nichts mehr. Die als Corona-Einschränkung gedachte Proklamation unserer früheren Bundeskanzlerin „Wir bleiben zu Hause“ würde hier auch passen.
Das ist nicht unser Ding. Unser erster Reisetag ist ein Mittwoch. Das Ziel: Möglichst weit und störungsfrei nach Süden kommen. Eine Übernachtung in Süddeutschland, dann zügig durch die Schweiz, mit auf Flugmodus geschalteten Mobiltelefonen und ausgeschaltetem Router. Nächste Übernachtung in Norditalien, eine nur, denn Bergamo ist völlig überlaufen. Und dann an die Küste.
Am Ligurischen Meer
Wir sehen uns Genua an, die Stadt, in der der beste Kaffee der Welt gebraut wird, und fahren dann an der Küste weiter. La Spezia – schade, ich muss leider sagen: Cinque Terre wird überschätzt. Es ist ein schöner Flecken Erde, aber davon hat man nichts, wenn nichts davon zugänglich ist. Für Wohnmobile gibt es vor allem Verbotsschilder, und Stellplätze in Fußentfernung zum Strand gibt es keine. Weiträumige Absperrungen kennt man von der Amalfiküste. Da hat das auch seine Berechtigung, und die Infrastruktur stimmt. Bei Cinque Terre wird man schlicht ausgesperrt.
Pisa ist dagegen ein Highlight, sehenswert, unkompliziert, mit Stellplätzen, auch direkt am Meer.
Wasser, Feuer und Ruinen
Später wechseln wir ins Landesinnere, um bei Terni die Marmorfälle zu sehen. Es sind die grössten Wasserfälle Italiens, seinerzeit von den Römern angelegt, und heute noch fantastisch. Eindrucksvoll sind sie auch, weil man nahe herankommt. Nachts wird das Wasser in ein Kraftwerk umgeleitet, dann sind die gewaltigen Fälle nur noch ein Bach. Tagsüber da zu sein, das kriegen wir hin.
Rom lassen wir aus, aber ab Neapel sind wir wieder an der Küste. Die Phlegräischen Felder, die feurigen Felder, ein hochexplosiver Supervulkan direkt vor Neapel, ziehen uns an. Nur kurz, versteht sich. Unvorstellbar, wenn das Ding hochgeht. Ab Abend sehen wir uns das dann aus der Ferne an, vom hoch gelegenen Heiligtum Santuario di Sant’Angelo a Palombara, an dem wir auch übernachten.
In Paestum gibt es eine großartige und berühmte Ruinenstätte, Tempel griechischen Ursprungs, gewaltige Säulen und akribisch freigelegte Details. Paestum gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist eine Empfehlung. Ein Stellplatz ist gleich nebenan. Wir bleiben allerdings am Strand und gönnen uns zwei Tage auf dem Campingplatz Athena, auf dem wir vor einigen Jahren mit dem Motorrad waren. Da gibt es etwas Schatten und ein hervorragendes Restaurant.
Nicht so spektakulär wie die Cascate Marmore, aber schön und kühl: Der Wasserfall Oasi Cascate Capelli Di Venere, auch Venushaarfälle genannt, liegt im Nationalpark Cilento in der Region Kampanien. Es ist eine Naturschönheit, ein magischer Ort, mit einer Atmosphäre fast anmutiger Entspanntheit.
Weiter fahren wir über Cosenza, wo wir einen kurzen Blick in die Altstadt werfen, zur Sizilien-Fähre bei Reggio di Calabria.
Ätna – höchster Vulkan Europas
In Sizilien fahren wir zunächst nach Catania und bleiben, nach einer Rundfahrt durch die spätbarocke Stadt, auf dem Campingplatz „Villaggio Turistico Europeo“ am Strand. Der ist sehr schön, der Platz selber ist allerdings, vorsichtig ausgedrückt, noch nicht auf die Saison eingerichtet. Unser italienischer Stellplatz-Nachbar entschuldigt sich peinlich berührt: „Dies ist nicht Sizilien“.
Der Ätna überragt die Stadt. Es ist Europas größter aktiver Vulkan, spuckt jetzt grade, während ich dies schreibe, wieder Lava, und gehört seit 2013 zum UNESCO-Weltnaturerbe. Man kann mit dem Wohnmobil bis auf fast 2000 m hinauf fahren, und das machen wir. Der obere Vulkankegel ist in den Wolken an diesem Tag, da ist also leider nichts zu sehen. Aber wir fahren auf der Südseite auf die Silvestri Berge, wo die Kraterlandschaft zeitweise in diesigem Sonnenlicht liegt. Zwei der Krater erklettern wir noch an diesem Tag, aber es ist doch recht wechselhaft und oben stürmisch, sodass es schwierig ist, sich aufrecht zu bewegen.
Die Übernachtung auf dem Parkplatz oberhalb des Rifugio Sapienza ist ungestört, und, wenn man sich an die wechselnde Höhenlage schon im Apennin gewöhnt hat, auch in dieser Höhe angenehm.
Im Ohr des Tyrannen
Syrakus, südlich von Catania, ist eine der bedeutendsten antiken Stätten Siziliens. Ein riesiger archäologischer Park von Neapolis ermöglicht das Erwandern des römischen Amphitheaters, des Teatro Greco und des Orecchio di Dionisio. Im Sommer finden im Griechischen Theater regelmäßig Veranstaltungen statt, Konzerte, Theateraufführungen und sogar Gottesdienste. Das Orecchio ist eine hohe Kalksteinhöhle, die wie das menschliche Innenohr geformt ist. Aufgrund dieser Form und auch wegen ihrer starken Akustik wurde die Höhle das Ohr des Dionysios genannt, nach dem Tyrannen von Syrakus. Er wurde, 400 Jahre v. Chr. als Volksvertreter demokratisch gewählt, nach Sondervollmachten und einem Staatsstreich zu einem der mächtigsten Gewaltherrscher der Antike.
Das Thermometer zeigt 34°. Auf dem Stellplatz „Parking Paradise“, direkt nebenan, steht man auf Gras, Bäume spenden Schatten, und der Hund kann laufen. Man muss allerdings ohne V&E auskommen.
Das grosse Erdbeben auf Sizilien
Als Folge eines gewaltigen Erdbebens im Jahr 1693 im Südosten Siziliens mussten fast alle Städte der Region wieder aufgebaut werden. So kommt es zu einer Pracht spätbarocker Architektur in gleich einer Reihe von Städten im Val di Noto, die 2002 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden.
Nur 35 Kilometer südwestlich von Siracusa liegt Noto. Wir besuchen zuerst die Ausgrabungsstätte in Noto Antica, der nach dem Erdbeben verlassenen Vorgängerstadt des heutigen Noto. Der Ort ist touristisch nicht erschlossen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar. Dafür ist man sowohl bei den Ruinen als auch im schattigen Park fast für sich alleine.
In der heissesten Mittagszeit erreichen wir Noto. In der Oberstadt ist überraschend ein Parkplatz frei, an der Villa Communale, und bis in den Nachmittag sogar kostenlos. Ein kurzer Fussweg führt an San Nicolo vorbei, dem Dom von Noto, und an barocken Kirchen und Palästen. Es sind wirklich prachtvolle Bauten, und viele. Eine andere Architektur als die spätbarocke ist hier nicht zu sehen. Natürlich sind haufenweise Besucher mit Selfies beschäftigt. Wir gönnen uns ein Eis.
In Modica, ein paar Kilometer weiter, ist es neben der spätbarocken Architektur der Hauptkirchen Santa Maria delle Grazie und San Pietro vor allem die Schokolade, die die Stadt bekannt gemacht hat. Einen schöner Überblick über die Altstadt gibt es von der oberen Bushaltestelle der Via S. Benedetto da Norcia. Etwa 100 m davor kann man am Strassenrand für einen Moment parken.
Wüste und Kulturlandschaft
Abseits der Städte ist die Temperatur deutlich angenehmer. Wir fahren durch das Landesinnere nach Norden, durch wüstenähnliche Landschaft bei Caltanissetta, vorbei an bizarren Felsformationen bei Enna, durch die abwechslungsreiche Landschaft bei Nicosia und die Kulturlandschaft von Gangi.
In Castelbuono stehen wir nachts auf einem für WoMo zugelassenen Parkplatz, ruhig und sicher. Die Stadt ist einfach schön und überschaubar, Bäckerei, Metzger, alles mit eigenen Produkten. Ein Marktpatz mit Brunnen und Restaurants ist der zentrale Treffpunkt im Ort. Und das Kastell ist gut erhalten und restauriert. Eine riesige Bank oben neben der Burg lädt zum Verweilen ein.
An der Nordküste am Tyrrhenischen Meer bleiben wir eine Nacht auf dem Campingplatz Sanfilippo in Cefalu. Man steht gut im Halbschatten, der Zugang zum Meer ist allerdings wegen grossen Steinen nicht ganz unbeschwert. Am nächsten Tag geht’s dann zurück zur Fähre auf’s Festland.
Wir kommen wieder!
Was wir nächstes Mal besser machen? Wir haben nie eine Markise gebraucht und daher auch keine angebaut. Das werden wir wohl ändern, denn es gibt doch einige vor allem kommunale, kostenlose Plätze in Italien, wo man sich Schatten dringend wünschen würde und wo man die Markise ausfahren darf.
Das sollte man wissen
Mit der Entsorgung von Restmüll tut man sich schwer, in Sizilien wie überhaupt in Süditalien. Wir vermissen Abfalleimer selbst in Parks, und wo es doch welche gibt, sind sie überfüllt. Es gibt ein Müllproblem in Sizilien, das lässt sich nicht leugnen, und fast überall auf den Parkplätzen an Hauptstrassen liegen Müllsäcke oder Dosen und sogar Scherben an der Seite. Wenn das jetzt schon so ist – wie mag das dann in der Hochsaison sein? Dafür sind die Strände erstaunlich sauber. Das war nicht immer so. Es bewegt sich also etwas in Italien, und offenbar ist die Müllentsorgung von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich gut geregelt.
Frei Stehen
ist in Italien inzwischen fast zweite Wahl, denn es gibt viele kommunale Stellplätze, kostenlos, und manchmal mit Entsorgung, Wasser und Strom, ebenfalls kostenlos. Diese Plätze befinden sich oft in der Nähe der Innenstädte oder am Rande von Nationalparks. V&E gibt es auch an einigen Tankstellen an den Autobahnen.
Rückfahrt
Die Fahrt nach Sizilien und zurück bringt einige Kilometer auf den Tacho, dauert ihre Zeit, und die italienischen Autobahnen sind auch nicht ganz billig. Alternativen zur Rückfahrt gibt es mehrere, die wir interessant finden:
- Eine Möglichkeit ist das Übersetzen mit der Fähre direkt von Palermo nach Genua oder Livorno. Die Überfahrt dauert 21 Stunden. Die Preise sind vor allem in der Nebensaison günstig, und von Norditalien ist man schnell in der Schweiz oder in Österreich. Es bietet sich an, Maut zu sparen und durch das selbe Land zurück zu fahren, durch das man auf der Hinfahrt gefahren ist.
- Wer mehr Zeit hat, kann die Nachtfähre von Bari nach Durres in Albanien nutzen. Diese Fähren sind sogar noch günstiger, und die Strecke in Albanien ist mautfrei. Maut fällt dann erst auf den Autobahnen in Kroatien und Österreich an.
- Es gibt auch Fähren von Bari nach Dubrovnik in Kroatien, tagsüber in 8 Stunden. Die sind nur geringfügig teurer als die Fähre nach Albanien.
- Von Bari kommt man auch günstig nach Korfu oder Igoumenitsa in Griechenland. Das wäre die Option für diejenigen, die eine längere Reise planen, etwa eine Rundreise durch Südosteuropa.
Klima und Überwintern
Es ist Anfang Juni, und es ist wirklich heiß in Sizilien. Früher im Jahr wäre es kühler, dafür regnet es dann öfter, und das wollten wir vermeiden. Allerdings spielen wir mit der Vorstellung, wie es wäre, auf der Insel zu überwintern. Nicht in nächster Zeit, aber vielleicht später. Die Temperaturen im Winter sollen frühlingshaft sein, ähnlich wie die in Andalusien.
Einige der Plätze sind ganzjährig geöffnet und bieten einen umfangreichen Service an. Der Campingplatz Baia del Sole an der Südküste etwa tauscht Gasflaschen, andere an der Nordküste ebenfalls. Nahegelegene Geschäfte und Restaurants finden sich häufiger. Ein Check, welche Plätze den gewünschten Service anbieten, ist also durchaus vielversprechend.
Die richtige Kamera für die Reise
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