Unschärfen entstehen durch Verwacklung, falsche Scharfstellung, niedrige Auflösung und durch die Bewegung des Motivs
Wie macht man wirklich scharfe Fotos?
Unscharfe Bilder sind so ungefähr das Lästigste, was einem Fotografen passieren kann, denn wirklich scharfe Fotos sind die Voraussetzung dafür, dass die Bilder beim Betrachter wirken. Dabei ist absolute Schärfe nicht genau zu definieren, es sei denn, es gäbe so etwas wie eine unendliche Zahl unendlich kleiner Bildpunkte. Richtiger wäre es, von akzeptabler Unschärfe zu sprechen. Diese also gilt es in den Griff zu bekommen. Für den Fotografen heisst das, dass er alles das, was Unschärfe erzeugt, minimieren muss.
Und so geht’s:
Belichtungszeit
Zu lange Belichtungszeiten sind der Hauptgrund für verwackelte Fotos. Da kann eine Eigenbewegung eine Rolle gespielt haben, eine Vibration, zu wenig Licht oder eine Unterschätzung der Wirkung der Brennweite. Stelle grundsätzlich eine möglichst kurze Verschlusszeit ein, wenn du aus freier Hand fotografierst. Die längste eben noch vertretbare Verschlusszeit wird durch die Brennweite bestimmt. Als Faustregel gilt: Bezogen auf Vollformat-Kameras entspricht die längstmögliche Verschlusszeit dem Reziprokwert der Brennweite. Das wäre also bei einem Objektiv von 50mm eine 1/50 sek. Und bei einem Objektiv mit 125 mm eine 1/125 sek. Für Kameras mit kleinerem Sensor muss entsprechend umgerechnet werden.
Längste noch vertretbare Verschlusszeit bei Brennweite
Vollformat | 14 mm | 25 mm | 50 mm | 100 mm | 200 mm | 400 mm |
APS-C | 9 mm | 17 mm | 34 mm | 66 mm | 133 mm | 266 mm |
MFT | 7 mm | 12,5 mm | 25 mm | 50 mm | 100 mm | 200 mm |
Zeit | 1/15 sek | 1/25 sek | 1/50 sek | 1/100 sek | 1/200 sek | 1/400 sek |
Vorsicht bei Zoomobjektiven! Wenn du näher ran zoomst, musst du auch die Verschlusszeit anpassen!
Bildstabilisator
Bildstabilisatoren sind in den letzten Jahren immer leistungsfähiger geworden und ermöglichen, vor allem, wenn die Bildstabilisatoren in der Kamera und im Objektiv zusammenarbeiten, die Kompensation von bis zu 7 Lichtwerten. Ein Lichtwert entspricht der Verdoppelung der Belichtungszeit. Damit werden Fotos aus der Hand möglich, wo man es kaum für möglich halten würde.
Tatsächlich bewirken die Stabilisatoren kleine Wunder. Du solltest den Bildstabilisator aber mit dem Wissen einsetzen, dass die Grenzen der Schärfe fliessend sind. Die Maximal-Angaben der Kamerahersteller solltest du also nicht ausreizen. Ziehe von dem Verlängerungswert, den dein Kamerahersteller für den Bildstabilisator angibt, bei Teleobjektiven eine Stufe ab, bei Normalobjektiven und Weitwinkeln zwei Stufen, und mache mit diesen Werten eigene Versuche. Wenn das Licht dann für Freihand-Aufnahmen nicht mehr ausreicht, benutze ein Stativ! Das gilt besonders für Aufnahmen nach Sonnenuntergang. Bei längeren Verschlusszeiten als ¼ sek wird das Bild ohne Stativ einfach nicht mehr scharf.
Fokus und Schärfentiefe
Fotos mit Vordergrund und Hintergrund müssen von vorne bis hinten scharf sein. Fokussiert wird aber immer nur auf einen Punkt, der dann die optimale Schärfe hat. Den Raum vor diesem Punkt bis hinter dem Punkt, der ebenfalls noch scharf abgebildet wird, nennt man Schärfentiefe. Diese ist abhängig von der Blende. Je höher der Blendenwert, desto grösser die Schärfentiefe, auch „hyperfokale Distanz“ genannt. Du kannst also die Blende einfach so weit wie möglich zu drehen und hast die höchstmögliche Schärfentiefe.
Das geht, damit kommt man aber in gleich zwei kritische Bereiche: Der ISO-Wert geht hoch und verursacht Bildrauschen, und die Beugungsunschärfe des Objektivs nimmt zu. Es gibt zu jeder Brennweite Tabellen, auf denen die Schärfentiefe ablesbar ist. Auch an manchen Objektiven sind die Bereiche ablesbar, was die manuelle Einstellung ermöglicht. Wir können uns aber auch mit folgenden vereinfachten Regeln behelfen:
- Fokus aufs erste Drittel. Die Schärfentiefe ist so aufgeteilt, dass vor dem Fokuspunkt ungefähr ein Drittel des gewünschten Schärfebereichs liegt und dahinter zwei Drittel. Wir erreichen also die optimale Lage des Scharfstellpunktes, indem wir auf das erste Drittel des Bereichs fokussieren, den wir scharf abbilden wollen.
- Blendeneinstellung bei Vollformatkameras auf 16, bei APS-C Kameras auf 11 und bei MFT Kameras auf 8. Der Grund: Bei kleineren Sensoren tritt Beugungsunschärfe früher auf.
- Um den ISO-Wert niedrig zu halten, benutze ein Stativ.
Fokuspunkt bei Menschen
Wohin fokussieren, wenn man eine Person oder ein Tier fotografiert? Einfache Antwort: Aufs Auge. Bei Portrait-Sitzungen dürftest du damit keine Probleme haben, vor allem dann nicht, wenn du ein Stativ verwendest. Bei bewegten Motiven ist das schon schwerer. Hier wirst du mit kurzer Verschlusszeit (<1/500 sek) und weit geöffneter Blende arbeiten wollen, was die Schärfentiefe auf ein Minimum reduziert. Du hast zwei Möglichkeiten, das Auge scharf zu bekommen:
- Stelle den Autofokus so ein, dass er das Objekt verfolgt, also auf AF-C (continuous) oder AF-F (flexible) oder wie die Bezeichnung bei deiner Kamera für das automatische Nachführen der Fokussierung lautet. Hier darf jedenfalls nicht AF-S (single) gewählt werden. Nutze die Möglichkeiten deiner Kamera. Wenn sie im Menü eine automatische Fokussierung aufs Auge anbietet, umso besser. Das gibt bei guten Kameras die höchste Trefferquote. Oder
- Fotografiere im „Sport“-Modus: Schalte den Autofokus ab, fokussiere auf einen Punkt, den dein Model durchlaufen wird, und löse in dem Moment aus, in dem es diesen Punkt erreicht. (Das ist der Modus, den ein Sportfotograf beim Zieleinlauf verwenden würde).
Letzteres ist anspruchsvoller, vor allem, wenn man eine Spiegelreflexkamera verwendet und der Sucher im Moment der Aufnahme dunkel ist. Mit einiger Erfahrung entwickelst du ein Gefühl für die Auslöseverzögerung der Kamera.
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Schnell bewegte Motive
Wenn sich das Motiv bewegt, erfordert das immer eine kurze Verschlusszeit, insbesondere, wenn es sich quer zur optischen Achse bewegt. In der Regel wirst du hier mit einem Teleobjektiv arbeiten. Die Faustregel sagt, dass Motive, die sich nicht quer zur optischen Achse bewegen, sich mit 1/500 sek scharf abbilden lassen. Das gilt für einen Läufer, einen Radfahrer, einen Pingpong-Spieler, einen Hund…
Und wie immer gibt es von der Regel einige Ausnahmen. Vögel, die von einem Ast oder einem Vogelhaus starten, sind unglaublich schnell. Selbst 1/1000 sek wird nicht genügen.
Für Bewegungen quer zur optischen Achse muss eine sehr kurze Verschlusszeit angesetzt werden. Für einen Formel 1 Boliden, der sich quer durchs Bild bewegt und bei dem du nicht mitziehst, wirst du 1/1000 sek oder kürzer einstellen müssen. Eine Faustregel gibt es nicht, da auch die Abbildungsgrösse und das Sensorformat eine Rolle spielen.
Bildrauschen
Unschärfe entsteht auch durch Bildrauschen. Dieser Effekt erinnert an die Körnigkeit früherer hochempfindlicher Filme, die mit Push-Entwicklung noch höher gezogen wurden. Bildrauschen entsteht dadurch, dass eng beieinander liegende lichtempfindliche Pixel auf dem Sensor der Kamera sich gegenseitig stören. Sie tun das umso mehr, je lichtempfindlicher sie eingestellt sind. Wie nah sie sich kommen, hängt von der Grösse des Bildsensors und der Menge der Bildpunkte ab.
Genau dies ist die Stärke der grösseren Bildsensoren in Vollformat-Kameras, die für Bildrauschen umso weniger empfindlich sind, je weniger dicht die Bildpunkte liegen. Kameras mit kleinerem Sensor haben hier immer das Nachsehen.
Bildrauschen tritt zum einen auf, wenn der ISO-Wert zu hoch gewählt wurde, dann aber auch bei Langzeitbelichtungen. Während sich letzteres mit geringen Qualitätseinbussen oft bereits in den Kameraeinstellungen kompensieren lässt, ist das Bildrauschen durch zu hohen ISO-Wert ein Fall für die Nachbearbeitung. Die allerdings führt zu Detailverlusten, je stärker das Rauschen, desto höher muss kompensiert werden. Hier hilft nur ausprobieren, wie weit man bei der eigenen Kamera gehen kann. Meist sind Einstellungen bis ISO 800 unproblematisch. Sichtbar und störend wird das Bildrauschen erst darüber, je nach Kamera bei ISO 1600 oder seltener erst bei ISO 3200. Zwar laden fast alle Kameras zu viel höheren Empfindlichkeiten ein, wirklich brauchbar sind diese Einstellungen allerdings nicht.
Ich habe Einstellungen von 6.400 ISO oder mehr ausser für Testfotos nie benutzt. Bei MFT-Kameras war meine Obergrenze ISO 800.
Stativ
Stative helfen bei langen Verschlusszeiten. Und doch – trotz Stativ kann das Bild verwackeln.
- Verwacklung beim Auslösen. Fernauslöser benutzen oder hilfsweise den Selbstauslöser mit 2 sek Vorlauf.
- Spiegelschlag bei Reflexkameras. Hier die Spiegelvorauslösung benutzen, auch längere Verschlusszeiten sind hilfreich, weil die kurze Vibration dann nicht mehr so ins Gewicht fällt.
- Vibrationen aus dem Boden, etwa durch fahrende U-Bahnen oder durch Schwerverkehr auf einer nahegelegenen Strasse. Hier hilft Abwarten und Wiederholen.
- Vibrationen durch Starkwind. Notfalls kann die gleichzeitige Benutzung von zwei verbundenen Stativen für Kamera und Objektiv helfen, oder das Verschieben der Aufnahme auf einen späteren Zeitpunkt.
Hardware
Wenn alles nichts hilft und die Fotos immer noch unscharf werden, kann es auch an der Hardware liegen. Was die Kamera kann und was nicht, das wollen wir hier nicht vertiefen. Dazu empfehlen wir unseren Artikel zur Fotoausrüstung für Reisefotografen.
Unschärfen können aber auch durch das Objektiv entstehen.
Zunächst einmal sollte es sauber sein, die Frontlinse frei von Staub und Verunreinigungen, die Hinterlinse ebenso. Eine sorgfältige Reinigung mit einem Baumwolltuch, das mit Spiritus angefeuchtet wird, sollte alle Verunreinigungen beseitigen. Für unterwegs hilft es schon, die Linse anzuhauchen und vorsichtig abzuwischen.
Nicht alle Objektive sind gleichermassen scharf. Vor allem Zoomobjektive haben oft Bereiche, in denen sie nicht die Abbildungsleistung bringen, die für knackscharfe Bilder benötigt wird. Ein grösserer Zoombereich stellt den Hersteller vor grössere Herausforderungen – daran sollte man grade bei den sogenannten Reiseobjektiven denken. Wer grösstmögliche Schärfe will, wird zu Festbrennweiten greifen oder zumindest zu Objektiven mit mässigem Zoomfaktor.
Gute Objektive sind oft teuer und schwer. Ich will keinesfalls behaupten, dass der Preis der einzige Indikator für die Qualität des Objektivs ist. Man muss aber wohl anerkennen, dass Objektivqualität keine Zauberei ist, sondern das Ergebnis von Aufwand für Entwicklung, Material und Verarbeitung. Objektivhersteller arbeiten mit teils selbst entwickelten mehrfach vergüteten Gläsern in Kombination mit anderen Glassorten, 16 Linsen in 12 Gruppen als Beispiel, plus solider Mechanik, die die Linsen beim Einstellen gegeneinander verschiebt.
Das ist ganz billig nicht zu haben, und es geht auch aufs Gewicht.
Software
Die Nachbearbeitung der Bilder mit einem guten Bildberarbeitungsprogramm wie Lightroom, ACDSee, Silkypix oder auch Capture One sollte in jedem Fall stattfinden. Eine Nachschärfung funktioniert aber nur bei Bildern, die bereits scharf sind. Ein unscharfes Bild durch Software zu retten, ist leider nicht möglich.
Der Nachbearbeitung von Bildrauschen durch Bildbearbeitungsprogramme sind Grenzen gesetzt. Etwas geht schon, bei Übertreibung droht allerdings eine Verschlimmerung durch Artefakte.
Zusammenfassung:
- Kurze Verschlusszeit gegen Verwackeln
- Fokus aufs erste Drittel für Tiefenschärfe, dazu abblenden
- Bei Menschen Fokus auf die Augen
- Bewegte Motive mit 1/500 sek oder kürzer belichten
- Stativ benutzen
- Gute Objektive verwenden
Das sind die Anforderungen, die Reisestative erfüllen müssen:
- hohe Stabilität
- geringes Gewicht
- geringes Packmass
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